Das Camp im Werler Stadtwald: Vom militärischen Sperrbezirk zum Naherholungsgebiet

Rund 400 Bürger aus Werl und Wickede sowie der weiteren Umgebung nutzten am Sonntag den 7. Oktober 2018 bei sonnigem Herbstwetter die Gelegenheit zur Teilnahme an einer Informationsveranstaltung zu dem Großprojekt und einem geführten Gang durch das alte „Camp“.

Für viele der Besucher war es die erste Erkundung dieses Fleckens ihrer Heimat. Denn während der Zeit der Nutzung als Kaserne war das Gelände militärischer Sperrbezirk. Und auch danach blieben die Tore zu den zwei alten Kasernen aus Verkehrssicherungsgründen für die breite Bevölkerung geschlossen.
Der Werler Stadtplaner Ludger Pöpsel begrüßte die Besucher in einer der alten Hallen der ehemaligen Albuhera-Barracks und machte deutlich, dass die Stadt Werl den Bürgern den Wald als Naherholungsgebiet „zurückgeben“ wolle.
Zur Refinanzierung konnte die Kommune die beiden großen Hammer Baufirmen „Bernhard Heckmann“ und „Hugo Schneider“ gewinnen, die das Brachgelände als eine Art „Bodendeponie“ nutzen will.
Dafür müssen die Hammer Unternehmen im Gegenzug unentgeltlich den Abbruch der Immobilien, die Schredderung des unbelasteten mineralischen Materials und die Altlasten-Beseitigung übernehmen sowie das rund 30 Meter hohe Landschaftsbauwerk aufschütten, welches auf der höchsten Plattform einen 35 Meter hohen Aussichtsturm erhalten soll.
Die Diplom-Ingenieure Björn Serowy (Heckmann) und Hans-Joachim Olschewski (Hugo Schneider) erläuterten anschließend den zeitlichen Ablaufplan und andere interessante Details.
Als dann die Soester Kreisverwaltung die entsprechende Genehmigung erteilt hat, startete die „ARGE Werler Wald“ mit den notwendigen Rodungsarbeiten und im November 2018 mit dem Abbruch der Gebäude. Für das Frühjahr 2019 plane man dann den Beginn der Boden-Aufschüttung. Insgesamt rechne man mit zwei Millionen Tonnen Schüttgut, erklärte Björn Serowy dazu im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“. Dies entspricht etwa 90.000 Lkw-Ladungen, die zirka binnen fünf Jahren angeliefert und mit Bagger und Planierraupe verteilt werden.
Bei der Deckschicht aus angeliefertem Boden wird zudem auf eine hohe Güte geachtet und nur die Einbauklassen Z 0 und Z 1.1 werden verwendet, betonte Björn Serowy.
Als Kern für das Landschaftsbauwerk soll das mineralische Material aus den Abbrucharbeiten der 65 vorhandenen Gebäude vor Ort dienen. Belastete Stoffe sollen allerdings nicht verbaut, sondern fachgerecht entsorgt werden.
Die Hälfte der benötigten Erde können die beiden Hammer Firmen aus eigenen Bau-Projekten beisteuern. Der Rest kommt von Dritten. Durch ökologische Fachberater wird die Tier- und Pflanzenwelt im Vorfeld analysiert, damit diese möglichst wenig Schaden nehmen. Die alten Baumbestände werden weitestgehend erhalten bleiben. Insgesamt wird sich die Topografie der Stadt Werl durch das Landschaftsbauwerk verändern, da man im bisherigen „Camp“ einen neuen „höchsten Punkt“ schafft, so Pöpsel. Die höchste Aussichtsplattform des Turms wird zirka 65 Meter über dem Niveau des alten Exerzierplatzes liegen.
Die Anschüttung soll sich auf eine Fläche von 510 mal 430 Metern erstrecken, so Serowy im Gespräch mit „wickede.ruhr HEIMAT ONLINE“.
Mit dem Turmbau rechnet man in zirka fünf Jahren. Der 3,1 Kilometer lange Zaun um den ehemaligen militärischen Sperrbezirk wird auf Dauer verschwinden, die Brachflächen wieder aufgeforstet und der gesamte Wald wieder frei für jedermann zugänglich gemacht, betonte Hans-Joachim Olschewski. Neben einem Wald-Lehrpfad plant man auch einen Pfad zur historischen Erinnerung an die Jahrzehnte des Militär-Camps im Stadtwald.
Insgesamt gab es zu dem vorgestellten Projekt viel positive Resonanz seitens der Besucher. Etliche Teilnehmer erklärten, dass der Gang durch das verlassene „Camp“ für sie interessant und spannend gewesen sei. Und mancher betonte, dass ihm das Militär-Gelände während der Fahrt über die Bundesstraße 63 „nie so groß vorgekommen“ sei. Denn das Gelände sei ja wirklich sehr weitläufig.
Mehrfach bedauert wurde von Bürgern, dass angeblich alle Gebäude – bis auf das „Waldlabor“ – zurückgebaut werden. Es wäre doch wünschenswert, wenn beispielsweise eine der Kirchen oder das Kino und eine der Mannschaftsunterkünfte erhalten blieben und restauriert würden, um sie vielleicht als Gastronomie oder zu Dokumentationszwecken zu nutzen, hieß es.

 

Quelle: wickede.ruhr HEIMAT ONLINE | 08.10.2018 | ANDREAS DUNKER